Patanjali


Patanjali - Verfasser der Yoga Sutras
Patanjali - Verfasser der Yoga Sutras

Patanjali - Der Begründer des ersten Yoga Systems

von Matthias Kimmerle

In der Indologie wird Patanjali (er wird unterschiedlich zwischen dem 4. und 2. Jh. v. Chr. datiert) als der Begründer des ersten Yoga Systems angeführt. Im Folgenden soll ein kurzer Abriss dieses Systems gegeben werden. Zur Vertiefung der Gedanken Patanjalis sei die Lektüre des Yoga-Sutra empfohlen. Das Yoga System des Patanjali wird in der Tradition als königliches Yoga bezeichnet. Patanjali versteht sein Yoga System als eine Philosophie des Lebens und des spirituellen Wachstums. Patanjali definiert Yoga in der Bedeutung des Meisterns und Vereinung aller Aspekte einer Person. Diese Aspekte sind der physische Körper, der aktive Wille, und der ruhelose Geist. Alle Aspekte sollen in einen Zustand des Friedens überführt werden, um spirituelle Harmonie zu erlangen. Als eine zentrale Stelle gelten folgende Worte aus dem Yoga-Sutra:

 
Yoga ist das Festigen des Geistes in die Stille. Wenn der Geist gefestigt ist, sind wir in unserer wesentlichen Natur gegründet, welche uneingeschränktes Bewusstsein ist. Unsere wesentliche Natur wird gewöhnlich von der Aktivität unseres Geistes überschattet.
 
Im Yoga-Sutra hebt Patanjali acht Glieder hervor, über welche der gegründete Zustand erreicht werden kann:

yama - die Gesetze des Lebens
niyama - die Regeln für das Leben
asana - die physischen Stellungen
pranayama - die rhythmische Kontrolle über den Atem
pratyahara - das Zurückziehen des Geistes von sinnlichen Objekten
dharana - die Konzentration auf ein einzelnes Objekt
dhyana - die Meditation
samadhi -  der Eintritt in das Suprabewusstsein

Die ersten beiden Glieder sind Grundvoraussetzungen für jeden, der den Wunsch verspürt, dem Yoga zu folgen. Yama bedeutet Selbstkontrolle und besteht aus fünf ethischen Praktiken: Gewaltlosigkeit (ahimsa), Wahrhaftigkeit (satya), nicht Stehlen (asteya), Selbstkontrolle (brahmacharya) und Begehrlosigkeit (aparigraha). Niyama nennt die generellen Prinzipien aus denen heraus sich die yama Gesetze erheben: äußere und innere Reinheit, Bescheidenheit, das strikte Befassen mit dem persönlichen Verhalten, das lesen der Schriften und eine Demutshaltung zu Gott, wie auch immer dieses Konzept verstanden wird.
Die nächsten beiden Glieder stehen in der Beziehung zum physischen Körper. Der Zweck von asana ist es, eine Position zu finden, in welcher wir uns konzentrieren können, ohne den Wahnsinn, dass eine Beschwerde eine unabwendbare Ursache sein könne. Rhythmisches Atmen, pranayama, wird praktiziert, damit der Atem Einfluss auf Gedanken und Gefühle ausübt. Im Westen dominieren diese beiden     Glieder die Lehren des Yoga und werden oft als die alleinigen Ziele angesehen, die erreicht werden sollen. Patanjali war der Ansicht, dass beide für sich genommen nützlich seien. Seine Nachfolger hielten mehr oder weniger dieselbe Ansicht. Besser einige Glieder verwirklichen als keine von den acht Gliedern des Yoga Systems des Patanjali.
Die Glieder fünf und sechs ergänzen sich einander: pratyahara bedeutet den Geist zu stillen, ihn von den täglichen Sorgen und Angängen zu entleeren. Das hilft den Fortschritt zum sechsten Glied zu erleichtern, dharana: Konzentration, normalerweise auf ein spezifisches Objekt, wie zum Beispiel eine Blume oder die Flamme einer Kerze, um alle anderen Gedanken zu exkludieren. Mit der Entlastung des Geistes von überflüssigen Angelegenheiten und der Fixierung auf einen singulären Punkt, ist der Weg für dhyana bereitet, die notwendige Bedingung für alle höheren Zustände des Bewusstseins deren Inbegriff samadhi ist. Auf der Ebene von dhyana ist der Geist sich selbst nicht mehr unabhängig von dem Objekt der Meditation bewusst. Sondern es kann gesagt werden, dass er in das Objekt absorbiert ist. Der finale Zustand von samadhi ist das Suprabewusstsein, in dem die Dualität von einem Bewusstsein von einem Subjekt in Relation zu einem Objekt schwindet und die Welt, die von den Sinnen wahrgenommen wird, nicht länger existiert.

Quelle: Billington, Ray; Understanding Eastern Philosophy; Routledge London and New York, 1997